Gedanken zu den Bauernprotesten

Die Mineralölsteuer auf Dieselkraftstoff beträgt zurzeit 0,47 € pro Liter. Davon wurde den landwirtschaftlichen Betrieben bisher ein Betrag von 0,215 € pro Liter auf Antrag und Nachweis des rein landwirtschaftlichen Verbrauchs erstattet. Verbräuche für Lieferfahrten oder sonstige Transportfahrten waren von dieser Entlastungsregelung ausgenommen.

Die Mineralölsteuer wurde eingeführt, um mit diesem Geld Verkehrsinfrastruktur wie Straßen und Autobahnen herzustellen und zu unterhalten. Diese werden von Traktoren wenig genutzt. Es gibt kaum Betriebe, die so viel auf öffentlichen Straßen fahren, dass mehr als 20 % ihres Dieselverbrauchs diesem zuzuordnen wären. Wir schätzen dies für unseren Betrieb auf 10 - 12 %.

Mit der Abschaffung der Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Zugmaschinen verhält es sich ähnlich. Traktoren fahren zu über 80 % auf landwirtschaftlichen Feldern.

Von daher ist es in beiden Fällen inhaltlich falsch, von einer Subvention zu sprechen.

Für unseren Betrieb würde eine Entlastung von ca. 16.000 € entfallen.

Das vergangene Jahr war für die meisten Biobetriebe ausgesprochen schwierig. Absatzprobleme, die gesunkene Erzeugerpreise zur Folge hatten, zudem deutlich geringere Erträge durch die Dürre und schlechtere Qualitäten durch die Nässe im Sommer und dann deutlich gestiegene Kosten für Energie, Versicherungen, Maschinenreparaturen etc. haben für die meisten Betriebe große Löcher in deren Liquidität verursacht.

Von daher kommt eine solche Maßnahme gerade zur falschen Zeit, auch für uns.

Persönlich und ideell halte ich die Abschaffung aller klimaschädlichen Subventionen für dringend erforderlich und wundere mich über die bisher geringe CO2-Bepreisung von 0,143 € pro Liter Diesel.

Gerade uns als Bauern trifft der Klimawandel direkt. In 2023 Hitze und Dürre im Vorsommer, Nässe im Sommer, Hitze im Herbst (fast 30 °C am 10. September) und nun wieder extreme Nässe, die schlecht für das Bodenleben und die Bodenprozesse ist.

Wenn die steuerlichen Entlastungen wegfallen, wäre angesichts der wirtschaftlich angespannten Lage eine Kompensation erforderlich. Unser Betrieb bindet über die vielen Knicks und den steigenden Humusgehalt in den Böden fortlaufend große Mengen an CO2, bisher ohne eine finanzielle Würdigung. Möglichkeiten, um Anreize für eine klimafreundlichere Landwirtschaft zu geben, gäbe es viele.

Meinen Text habe ich noch vor den landesweiten Protesten am 8. Januar verfasst. Es gab schon im Vorwege Aktionen, von denen wir uns als landwirtschaftlicher Betrieb in aller Deutlichkeit distanzieren.

Wir werden an keiner Demo teilnehmen, wenngleich wir die Abschaffung der Entlastungszahlungen in der vorgesehen Art zurzeit für falsch halten.

Von den Verantwortlichen des Bauernverbandes und weiteren Institutionen, die zu diesen Protesten aufrufen, würde ich bei allem Verständnis doch auch Ideen erwarten, mit welchen Maßnahmen die Landwirte in den kommenden Jahren zur Vermeidung der weiteren Klimaerwärmung beitragen wollen.

Ich hoffe, dass das „aufgeheizte Klima“ nicht zu Handlungen führen wird, die unserer demokratischen Gesellschaft nicht würdig sind. Erste Ausschreitungen, wie letzte Woche in Schlüttsiel gegen die Fähranlandung von Robert Habeck, lassen Böses ahnen.

Die Wut, die zu solchen Aktionen, oder sind es eher Reaktionen, führt, hat ihre Ursache letztlich in einer erlebten Not. So halte ich es eher für angemessen, für die Demonstrationen Verständnis aufzubringen, als mich von meinen, wenn auch überwiegend konventionell wirtschaftenden Berufskollegen, die daran teilnehmen, zu distanzieren.

Dass wir Bauern nun durch Behinderungen und Blockaden unsere Macht demonstrieren, statt die darunter liegende Ohnmacht zu zeigen macht es mir schwerer.

Es zeigt sich mir gerade hier, Friede wird im eigenen Inneren errungen.


Gruß aus Wulfsdorf

Georg Lutz

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