Geschichte

Das Gut Wulfsdorf existiert in der heutigen Gestalt erst rund 100 Jahre und gehört nicht zur Gruppe jener bedeutenden, ehemals adligen Güter, die für die Geschichte und Kulturlandschaftsentwicklung v.a. im östlichen Teil von Schleswig-Holstein so prägend sind. Wulfsdorf war ursprünglich ein Dorf, der Gutshof entstand erst im 19. Jahrhundert durch Landakkumulation.

Als Wulvoldestorp (Wulfoldsdorf) wird das Dorf Wulfsdorf im Jahre 1238 erstmals urkundlich erwähnt, und zwar anlässlich seines Verkaufes an das Hamburger Domkapitel. Durch den Verkauf wird Wulfsdorf zum Vikariendorf. Über drei Jahrhunderte bleibt es in Hamburger Besitz.

Im Jahr 1578 bemächtigt sich Peter Rantzau, der Besitzer des benachbarten Woldenhorn, des Dorfes und erreicht, dass sein unmündiger Sohn Hamburger Domherr wird und er damit, über seinen Sohn, selbst über Wulfsdorf verfügen kann. Er versucht, die Wulfsdorfer Bauern zu seinen Leibeigenen zu machen. 1595 beginnt Rantzau mit dem Bau des Ahrensburger Schlosses. Im Jahr 1635 wird Wulfsdorf schließlich vom Domkapitel an die Familie Rantzau verkauft.

Im „Großen Nordischen Krieg“ von 1700 bis 1718 wird Wulfsdorf mehrfach geplündert. Darüber hinaus leiden die Bewohner unter dem harten Regiment der Familie Rantzau, von der sie mit übermäßigen Abgaben belegt werden. Die Bauern wehren sich immer wieder gegen diese Behandlung. Nachdem die Einwohner eine Klageschrift über ihre schlechte Behandlung an den König gerichtet haben, lässt Detlev Rantzau das Dorf „legen“ und die Bewohner werden nach Bünningstedt zwangsumgesiedelt. Dies ist das Ende des mittelalterlichen Dorfes. Wulfsdorf wird von 1718 bis 1784 als Meierhof durch einen Pächter bewirtschaftet.

1759 kauft Heinrich Carl Schimmelmann das Ahrensburger Schloss und wird damit auch Eigentümer von Wulfsdorf. Sein Sohn Friedrich Joseph lässt Wulfsdorf 1784 in 11 Parzellen in Erbpacht an freie Bauern vergeben. Der Bauer Hinzpeter erwarb zwei Parzellen sowie das Wohnhaus des Meierhofes und mehrere Wirtschaftsgebäude. Daraus entwickelt sich das heutige Gut. Es gab häufige Besitzerwechsel. Nach 1800 kam es zur Vergrößerung dieses Hofes, der erstmals als Gut Wulfsdorf bezeichnet wurde.

Im Jahre 1873, das Gut Wulfsdorf ist seit 1867 Eigentum der Familie Koopmann, die in Hamburg eine Großschlachterei betreibt, wird Wulfsdorf durch die Ablösung der Reallasten endlich vom Gut Woldenhorn (Ahrensburg) unabhängig.

Im Jahre 1904 kommt es zu einer Zwangsversteigerung des Wulfsdorfer Hofes, und der neue Besitzer wird der Tiefbauingenieur Hermann Vering. Er hatte durch den Bau von Teilen des Nord-Ostsee-Kanals und wichtiger Veränderungen der Wilhelmsburger Elbinsel Ruhm erlangt. Vering vergrößert die Gutsfläche in wenigen Jahren von 241 auf 455 ha. Vering lässt die Flächen durch einen Verwalter bewirtschaften, reißt die alten Gutsgebäude ab, baut ein neues, standesgemäßes Gutshaus (heutiges „Haus der Natur“) und eine großzügige Parkanlage, sowie Wohnhäuser für die Arbeiter und den Verwalter. Er lässt neue Ställe errichten, baut ein Maschinenhaus mit Elektrizitätserzeugung, einen Wasserturm, eine Schmiede und eine Stellmacherei. So wird Wulfsdorf zu einem Mustergut.

Nur 20 Jahre bleibt das Gut in Privatbesitz: 1922 stirbt der Ingenieur Vering und seine Erben verkaufen Gut Wulfsdorf 1926 an die Freie und Hansestadt Hamburg.

Die Stadt Hamburg erwirbt das Gut mit dem Ziel, dort ihre sämtlichen Jugendheime unterzubringen und mit modernen pädagogischen Konzepten zu führen. Geplant war eine „Erziehungsstadt Wulfsdorf“. Für diesen Plan gibt es aber keine ausreichenden finanziellen Mittel, so dass schließlich nur die Erziehungsanstalten des Jugendamtes hierher verlegt werden. Innerhalb des Gutsbetriebes hofft man, die Zöglinge „nutzbringend und in erzieherisch günstigem Sinne“ in der Landwirtschaft beschäftigen zu können.

Von 1926 bis in die 60er Jahre arbeiten bis zu 70 Jugendliche auf dem Gut. Sie waren als schwer erziehbar eingestuft worden und sollten mit der Heimunterbringung auf ein normales Arbeitsleben vorbereitet werden. Das Heim in Wulfsdorf war berüchtigt für seinen strengen Erziehungsstil und die harten Arbeitsbedingungen, ein Teil der Jugendlichen lebte in geschlossener Unterbringung. Die Lebensverhältnisse im Jugendheim Wulfsdorf werden in den wenigen Quellen zu dieser Zeit als karg und kasernenartig beschrieben und waren sicherlich einer normalen Entwicklung der Jugendlichen nach heutigem Verständnis nicht förderlich.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs, 1945, muss das Gut mit anderen Hamburger Gütern zur Versorgung der Hamburger Krankenhäuser, Heime und Gefängnisse beitragen. Aus diesem Grund wird neben dem Anbau von Getreide, Kartoffeln und Viehfutter auch mit dem Anbau von Gemüse und Obst begonnen.

Neben dem Versuchsfeld des Botanischen Instituts Hamburg, das seit 1929 besteht, wird ab 1948 die Forschungsstelle v. Sengbusch der Max-Planck-Gesellschaft auf dem Gelände des Staatsgutes eingerichtet. Außer der weltberühmten Erdbeersorte Senga Sengana werden im Institut auch zahlreiche andere landwirtschaftliche Kulturen gezüchtet und auf den Versuchsflächen des Gutes angebaut.

In den sechziger Jahren sinkt der Bedarf an Arbeitskräften in der Landwirtschaft durch die zunehmende Mechanisierung. Das Jugendamt ändert sein Konzept und bildet die Heimzöglinge im neu gegründeten Ausbildungszentrum Wulfsdorf (heutiges Allmende-Wulfsdorf Wohnprojekt) zu Elektrikern, Maurern, Tischlern etc. aus. Ab 1974 sind keine Heimzöglinge mehr auf dem Gut beschäftigt.

Der Kartoffelanbau und die Milchkuhhaltung werden in den 70er Jahren eingestellt. Das Gut wird als Landwirtschaftlicher Gemischtbetrieb mit den Schwerpunkten Ackerbau, Mastrinder und Schweinemast weitergeführt. Das Gut wird gemeinsam mit dem Gut Wulksfelde bewirtschaftet.

1989 entscheidet sich der Hamburger Senat, das Gut langfristig an einen ökologischen Bewirtschafter zu verpachten. Seitdem wird das Gut von Georg Lutz geleitet und nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet.